Der Regierungspräsident

Beim Kochen wie in der Politik krempelt der Regierungspräsident Dr. Walter Lübcke die Ärmel hoch.

Von Juliane Sattler

Vor allem ist er ein Landmensch. Einer, der die Region liebt, das dörfliche Leben, mit allem was dazu gehört: die freiwillige Feuerwehr, die Ehrenämter. Die Familie, sein Haus, das Dorf sind für ihn Rückzugsbereiche, weit genug weg von Kassel, um zu entspannen, abzuschalten. Auch die Küche gehört dazu. Schon als kleiner Junge hat er gekocht, die Mutter war viel krank, und er hat Kuchen gebacken, auch den Weihnachtsstollen. Hausarbeit ist für ihn auch Männersache.

“Hausarbeit ist für ihn auch Männersache”

Er öffnet uns die Tür. Ein großer, barocker Mann mit einem freundlichen, offenen Lachen. Seit 1981 lebt Dr. Walter Lübcke in Istha, seit Mai 2009 ist er Regierungspräsident. Er sagt, und es klingt fast wie eine Entschuldigung, dass er nur zum Hausgebrauch koche, aber er hat sich eine neue Schürze gekauft. Rot ist sie, und sie steht ihm gut. Ihm beim Kochen zuzusehen, beruhigt. Keine Hektik, kein Stress. Akribisch hat er alles vorbereitet. Walter Lübcke überlässt nichts dem Zufall. Er hat am Morgen den Fisch eingekauft, Viktoriabarschfilet. Dazu gibt es Schwarzwurzeln und Salat. Lübcke schält die Kartoffeln, wälzt den Fisch in Mehl. In der Küche ist alles auf ihn zugeschnitten. Seine Höhe muss es schon sein. Die Kartoffeln sind aus dem eigenen Anbau, das Gemüse auch. Er sät und erntet mit seiner Frau, wenn ihm Zeit dafür bleibt. Seit er Regierungspräsident wurde, ist das nicht mehr oft. Früher hat er selbst beim Schlachten mit angepackt, sagt er stolz.

„Wir brauchen ein neues Selbstbewusstsein, … “

Lübcke ist sehr gern Regierungspräsident. Überzeugt sagt er zu uns: „Ich mache nur das, was mir Spaß macht.“ Er nimmt einen Schluck von dem süffigen Weißwein aus dem Staatsweingut Kloster Eberbach und kommt ins Schwärmen. Für den 57-jährigen Diplom-Ökonomen ist es ein großes Ziel, den Regierungsbezirk so zu stärken, dass die Menschen hier auch Arbeit finden. Den Flughafen Kassel-Calden auszubauen, die Autobahnstrecke zu erweitern, regenerative Energien zu entwickeln, die Urlaubsregion attraktiver zu machen, all das steht auf seiner To-do-Liste. Bis 1989 sei man Zonenrandgebiet gewesen, jetzt aber liege der Regierungsbezirk Kassel in der Mitte Deutschlands. Die Zeit des „Mährens“ sei vorbei. „Wir brauchen ein neues Selbstbewusstsein, wir müssen uns positiv verkaufen“, sagt er. Lübcke ist dafür der richtige Mann, bodenständig, zupackend. 1.500 Mitarbeiter ziehen mit ihm an einem Strang, dass die landespolitischen Aufgaben in der Region umgesetzt werden, die hoheitlichen wie auch die Dienstleistungsaufgaben. Das ist ein Spagat, der ihm immer wieder gelingt.

Seit gut einem Jahr ist Walter Lübcke, der zuvor als Landtagsabgeordneter der CDU tätig war, nun Regierungspräsident, ein Mann, nah am Bürger, erreichbar und kompetent. Mit seinem XXL-Format steht er ganz hinter der Region, hinter den Menschen, der Landschaft, den Produkten. In der Küche wird es warm. Lübcke krempelt die Ärmel hoch und wendet den Viktoriabarsch langsam und vorsichtig in der Pfanne. Kochen ist für ihn Selbstverwirklichung – etwas schaffen,

Mit Roland Koch tauscht er Rezepte aus

das schmeckt. Mit dem ehemaligen Ministerpräsidenten Roland Koch tauscht er gern Rezepte aus. Zwei Männer unter sich müssen nicht immer nur über Politik reden. Da geht es auch einmal darum, wie lang die Garzeiten sind, welche Gewürze benötigt werden.

Zum Abschied hat er Roland Koch ein Kochbuch geschenkt, eines aus der Region mit landestypischen Gerichten, sagt er und schmunzelt. Kochen statt Regieren.

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„Liebe geht durch den Magen, na klar … “

Liebe geht durch den Magen, na klar, meint er und bereitet uns eine himmlische Nachspeise. Quark mit Sahne, Mandarinen und Bourbonvanille, süß und duftend. „Kochen ist Kultur“, sagt Walter Lübcke, „eine die den Magen füllt und dem Menschen gut tut“. Am Tisch sitzen mit guten Freunden, essen, trinken und schwätzen. Dafür braucht es keine Schickimicki-Gerichte, nichts Aufgesetztes, Lübcke bevorzugt Ehrlichkeit auch bei den Gerichten. Sein Blickwinkel auf die Welt ist direkt und geradlinig. Vor Jahrzehnten hat er einmal in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit für die documenta gearbeitet. Da hat der Landmensch den Zugang zur Kunst auf seine Art gefunden. Ihm genügt es, wenn er in den hundert Tagen der documenta ein Werk findet, das ihm gefällt. Er muss nicht alles verstehen, alles gut finden. Und ganz begeistert erzählt er noch heute davon, wie er für Mitarbeiter der documenta 7 ein Fest beim Ägypter im Fridericianum arrangiert hat. Die Menschen dort abholen, wo sie stehen, ist für den geborenen Waldecker ein Credo, das ihm als Regierungspräsident zu Gute kommt. Und noch eine Tasse Kaffee. Lübcke macht ihn, wie ihn seine Mutter schon gekocht hat, mit dem einfachen Kaffeefilter von damals, gibt einen Löffel pro Tasse und einen für die Kanne hinein – dazu einen Löffel Kakao. Altes Hausrezept, freut er sich, als es den Gästen mundet. Dieser Mann braucht keine teure Kaffeemaschine als Statussymbol. Irgendwie ist das sympathisch.

Dr. Walter Lübcke

Dr. Walter Lübcke wurde 1953 in Bad Wildungen geboren. Er absolvierte seine Lehre zum Bankkaufmann und anschließend acht Jahre Wehrdienst mit einer Ausbildung zum Personalfachkaufmann. Von 1982 bis 1983 war er als Assistent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit bei der documenta 7 tätig, von 1981 bis 1986 studierte er Wirtschaftswissenschaften an der Gesamthochschule Kassel mit Schwerpunkt Personalwirtschaft und Arbeitsökonomie. Parallel zu seiner Tätigkeit als freier Referent für wirtschaftspolitische Themenstellungen erfolgte 1991 die Promotion. Später arbeitete er als Studienleiter in der beruflichen und politischen Bildung sowie als Direktor einer Jugendbildungsstätte. Dr. Lübcke ist seit 1986 Mitglied der CDU und war dort seit 1987 stellvertretender Stadtverbandsvorsitzender in Wolfhagen, von 1994 bis 2009 Kreisvorsitzender der CDU Kassel-Land und von 1997 bis 2009 stellvertretender Bezirksvorsitzender der CDU Kurhessen-Waldeck. Kommunalpolitisch war Walter Lübcke von 1989 bis 2009 Mitglied der Stadtverordnetenversammlung Wolfhagen und dort von 1997 bis 2006 als stellvertretender Stadtverordnetenvorsteher aktiv. Im Hessischen Landtag war er seit dem 5. April 1999 Abgeordneter. Seit dem 21. Mai 2009 ist er Regierungspräsident im Regierungspräsidium Kassel. Zum Regierungsbezirk Kassel gehören die Landkreise Schwalm-Eder, Kassel, Hersfeld-Rotenburg, Fulda, Werra-Meißner und Waldeck-Frankenberg sowie die kreisfreie Stadt Kassel. Lübcke ist verheiratet und hat zwei Kinder.

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